Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit ist für Unternehmen ein echter Wettbewerbsvorteil:
Sie steigert Effizienz, Innovationskraft und Produktivität. Trotzdem gibt es immer wieder Konflikte und Anlaufschwierigkeiten.
Hier erläutere ich die größten Hürden und 5 Strategien, mit denen du eine gute abteilungsübergreifende Zusammenarbeit fördern kannst.
Typische Szenen aus meinem Alltag
In meiner Rolle als freiberufliche Marketing- und Projektmanagerin arbeite ich seit Jahren in ständig wechselnden Teams und erlebe immer wieder dieselben Schwierigkeiten in der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit.
Folgende Szenarien tauchen wiederholt auf:
Im Auftrag von Abteilung X werde ich zu Abteilung Y geschickt, um Unterstützung anzufragen. Ich werde wieder weggeschickt mit den Worten „Wir sind dafür nicht zuständig“. Ohne weitere sachdienliche Hinweise, wer denn stattdessen helfen könne.
Nicht immer unfreundlich, aber doch um Verständnis heischend „Wir arbeiten so nicht.“ Oder: „Wir haben dafür leider keine Kapazitäten.“ Ein weiterer Klassiker: „Ich brauche erst eine Kostenstelle.“
Zurück bei Abteilung X kommt dann der Kommentar „Die sind immer so, du darfst dich da nicht abwimmeln lassen.“
Oder ich sitze im Meeting mit Vertreter:innen aus 5 verschiedenen Abteilungen und staune nicht schlecht, wie man sich gegenseitig die Verantwortung wie eine heiße Kartoffel zuwirft.
Man kommt irgendwie nicht weiter.
Doch wer nun die Probleme in der Zusammenarbeit ausschließlich auf Personenebene in den zwischenmenschlichen Beziehungen sucht, liegt oftmals falsch. Und auch die Prozesse sind meistens nicht die Ursache.
Da lohnt sich mal ein intensiver Blick unter die „Motorhaube“.
Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit
Mit abteilungsübergreifender Zusammenarbeit ist zunächst einmal die strukturierte Zusammenarbeit von Mitarbeiter:innen aus verschiedenen Abteilungen oder Teams gemeint. Oft wird auch der Begriff bereichsübergreifende Zusammenarbeit verwendet.
Hier geht darum, organisationale Grenzen von Einheiten wie Bereich oder Abteilung zu überwinden, um Synergien zwischen unterschiedlichen Fachbereichen zu nutzen.
Dabei gibt es unterschiedliche Ausprägungen und Formen.
Kooperation versus Kollaboration
Kooperation
Bei einer Kooperation übernehmen beteiligte Mitarbeiter:innen aus Abteilungen Teilaufgaben und liefern Teilergebnisse, um zu einem übergeordneten Ziel beizutragen. Sie konzentrieren sich dabei auf ihre Kernkompetenzen und agieren unabhängig voneinander.
Die Mitarbeiter:innen tauschen sich dabei regelmäßig zu Informationen und Ressourcen aus, um ihre Aktivitäten sinnvoll aufeinander abzustimmen.
Diese Arbeitsweise eignet sich besonders dann, wenn die Art des Endergebnisses und der Weg dorthin schon feststehen. Die Arbeitsprozesse sind gelernt und wiederholen sich.
Kollaboration
Im Gegensatz dazu liegt bei der Kollaboration der Fokus der Arbeit nicht auf den zu liefernden Ergebnissen, sondern auf dem gemeinsamen Arbeitsprozess und der aktiven Zusammenarbeit der Teammitglieder.
Das ist bei komplexeren Problemstellungen erforderlich, bei denen zu Beginn lediglich das Ziel bekannt ist. Endergebnis und der Weg dorthin stehen noch nicht fest. Oft werden dafür temporäre bereichsübergreifende Projekt-Teams gebildet.
Anders als in klassischen Abteilungs-Gruppen vereinen sie nicht gleiche oder ähnliche Funktionen aus einem Bereich, sondern bündeln verschiedene Disziplinen und Kompetenzen, um gemeinsam Lösungen zu finden.
Hier ist echte Teamarbeit gefragt: Entscheidungen werden in der Regel gemeinsam getroffen. Flache Hierarchien, Transparenz in der Kommunikation und Einigkeit im Prozess sind von entscheidender Bedeutung.
Man spricht in diesem Zusammenhang auch häufig von „interdisziplinärer Zusammenarbeit in crossfunktionalen Teams“.
Diese temporären Teams haben einen eigenen Stellenwert innerhalb der Gesamtorganisation. Ihnen wird manchmal auch mehr Autonomie versprochen.
Das ist zum Beispiel im agilen Projektmanagement oder in Design-Thinking-Projekten der Fall.
Natürlich gibt es immer auch Mischformen.
Warum sollten wir abteilungsübergreifende Zusammenarbeit fördern?
Durch abgestimme Prozesse werden doppelte Arbeiten vermieden, Ressourcen gezielter genutzt und Abläufe effizienter gestaltet – das spart Zeit und Kosten.
Interdisziplinäre Teams produzieren außerdem bessere Lösungen, schnellere Problemanalysen und kreativere Ansätze.
So wird Vielfalt zum Innovationstreiber und sichert damit die Wettbewerbsfähigkeit in einem sich schnell wandelnden Markt.
Solche Teams bieten Mitarbeitenden oft auch mehr Verantwortung und Lernchancen als herkömmliche nach Funktionen getrennte Arbeitsgruppen.
Zusätzlich kann abteilungsübergreifende Kommunikation das Miteinander im Unternehmen stärken und für mehr Verbundenheit sorgen – ein Gewinn für jede Unternehmenskultur.
Die größten Hindernisse
Funktionale Grenzen
Das ist wohl der Preis der strikten Arbeitsteilung: Je größer die das Unternehmen, desto schwieriger wird es, die natürlichen und funktionalen Grenzen von Bereichen und Abteilungen innerhalb einer Organisation wieder aufzubrechen.
Auch Teams und Gruppen bilden natürliche Grenzen nach außen. Nur so kann sich ein Wir-Gefühl und eine Teamidentität ausbilden.
Deshalb ist sogenanntes „Silo“ Denken ein natürliches Phänomen und keine Schwäche einzelner Personen.
Wir entwickeln mit der Zeit einfach auch einen Tunnelblick und vertreten bevorzugt die Interessen unserer Heimat-Abteilung
Unternehmenskultur
Wenn Konkurrenzdenken und Wettbewerb zur DNA des Unternehmens gehören, drängen sich Ego, Macht und Status immer wieder in den Vordergrund.
Unternehmensziele werden auf Bereichs- und Abteilungsziele heruntergebrochen. Danach wird es aus meiner Erfahrung immer schwammiger. Auf Gruppenebene gibt es eher Individual- anstatt Teamziele.
Viele Unternehmen arbeiten bereits daran, dies zu ändern, aber das entwickelt sich eben nicht von heute auf morgen. Alte Muster brechen immer wieder durch. Wer will schon auf seine persönlichen Annehmlichkeiten und Privilegien verzichten?
Frage dich einmal, welches Verhalten belohnt und welches abgestraft wird. Wird abteilungsübergreifende Zusammenarbeit gefördert?
Werden ganze Teams für Erfolge belohnt oder eher Einzelpersonen?
Konkurrierende Abteilungs- oder Gruppenziele
Manchmal behindern sich ausschließende oder nur schwer miteinander vereinbare Ziele die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit.
Ein klassisches Beispiel: Die Produktentwicklung legt den Fokus auf Qualität, während das Management vor allem auf Kosteneinsparungen achtet.
Solche Zielkonflikte belasten die Teamdynamik und können sich negativ auf die Produktivität auswirken.
In der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit brauchen wir klare Prioritäten und konkrete Vorgaben. Und ein Bewusstsein dafür, dass diese auch mal von Vorgaben des eigenen „Heimathafens“ abweichen können.
Ziele, Verantwortlichkeiten, Rollen und Prozesse
Gerade bei temporären Teams stellt sich oft die Frage, wer gerade „den Hut aufhat“ und wer welchen Beitrag in welcher Qualität zu erbringen hat.
Im schlimmsten Fall gibt es noch nicht mal eine:n Projektleiter:in. Oder die eingesetzte Person wird von den anderen Teammitgliedern nicht akzeptiert.
Wie werden Entscheidungen getroffen, wie und von wem werden diese an die Stakeholder kommuniziert?
Hier muss die Zusammenarbeit wie in klassischen Teams zu Beginn grundlegend geklärt werden.
Unterschiedliche Kommunikationsstile und Arbeitskulturen
Gerade, wenn Experten aus unterschiedlichen Bereichen miteinander arbeiten, können die verschiedenen Arbeitsweisen und die Art, zu kommunizieren, etwas gewöhnungsbedürftig sein.
Sich darauf einzulassen, dass mein Gegenüber mein Fachgebiet nicht kennt, erfordert Geduld und die Bereitschaft, eine gewisse Übersetzungsarbeit zu leisten.
Abkürzungen und Fremdwörter dürfen daher gerne mal pausieren. Sprache verbindet. Aber Sprache kann eben auch trennen.
Bürokratische und organisatorische Hürden
Sobald abteilungsübergreifend gearbeitet wird, fallen viele kleine, aber wichtige Fragen vom Himmel, für die man Entscheidungen braucht.
Auf welche Kostenstelle schreiben wir welche Aufwände? Wer berichtet wem? Strikte Arbeitsanweisungen können dazu führen, dass nicht gearbeitet wird, bevor diese Details geklärt sind.
Ein weiterer Klassiker: Nicht selten arbeiten verschiedenen Abteilungen mit verschiedenen Tools.
Wenn niemand bereit ist, sich auf ein Neues einzulassen, sondern auf die bewährten Werkzeuge und Prozesse pocht, wird es schwierig.
Gruppendynamik
Wie in klassischen Gruppen und Teams gibt es auch in abteilungsübergreifenden Teams gruppendynamische Phänomene.
Das Zusammenspiel der Teammitglieder ist geprägt durch Gemeinsamkeiten, Gegensätze, Interaktionen und zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander.
Das bedeutet auch, dass Konflikte immer mal wieder auftauchen und bis zu einem gewissen Grad normal sind. Leider werden diese oft nicht dort ausgetragen, wo sie entstanden sind.
Wenn abteilungsübergreifende Konflikte immer wieder an die Führungskraft der Heimat-Abteilung zurück delegiert werden, kann auf Dauer keine gute Zusammenarbeit entstehen.
Alte und verhärtete Konflikte
Alte Grabenkämpfe zwischen Mitgliedern einzelner Abteilungen oder offene Rechnungen zwischen Führungskräften können eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit massiv behindern oder sogar unmöglich machen.
Dabei ist es egal, wer angefangen hat, sich im Recht wähnt oder „Schuld“ hat. Konflikte werden nicht selten dann über Dritte ausgetragen.
All diese Dinge müssen noch nicht einmal bekannt oder ausgesprochen werden: Allein das feindselige Verhalten einzelner und falsch verstandene Loyalität anderer können Projekte scheitern lassen, bevor sie gestartet sind.
5 Strategien, um abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zu fördern
Hier sind die für mich wichtigsten 5 Strategien, um eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zu fördern. Ich starte immer bei mir selbst und überlege dabei, was ich ohne Erlaubnis von anderen direkt in die Tat umsetzen kann.
1. Schnittstellenkompetenzen aufbauen
Der für mich wichtigste Punkt: Schnittstellenkompetenz vereint unternehmerisches Denken, Rollenflexibilität, persönliche Entwicklung, Prozessverständnis und Offenheit.
Dazu gehören auch klare Kommunikation, Koordinationsfähigkeit, Konfliktmanagement und Moderationskompetenz.
Je diverser die Teams, desto größer das Konfliktpotenzial. Sich ohne Vorbehalte auf andersdenkende Personen einlassen zu können, ist für mich der größte Gewinn.
Diese Fähigkeiten lassen sich gezielt durch Feedbackrunden, Selbstreflexion, Workshops und Teamtrainings entwickeln.
2. Ein Kick-off Meeting
Zu Beginn einer Zusammenarbeit ist es wichtig, einmal gründlich über Sinn und Zweck, Ziele und gegenseitige Erwartungen zu sprechen.
So lassen sich von Anfang an Missverständnisse, Enttäuschungen und unnötige Konflikte vermeiden. Auch Rollen, Verantwortlichkeiten und Prozesse sollten gemeinsam vereinbart werden. Das kannst du sehr strukturiert im Rahmen einer Team Charta festhalten. Hier findest du 3 verschiedene Methoden, um eine Team Charta für die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zu erstellen.
Vor allem für Personen, die noch nie zusammengearbeitet haben, ist das gegenseitige Kennenlernen und der Aufbau eines Teamgefühls zu Beginn des Projekts besonders wichtig.
3. Verantwortung gemeinsam tragen
Manchmal sind Projekte budgetär in einer Abteilung aufgehängt, die dann auch eine Vormachtstellung in Sachen Entscheidungen und Rollenbesetzung für sich beansprucht.
Es sollte von vornherein darauf geachtet werden, dass die Verantwortung für den Projekterfolg von allen Teammitgliedern gemeinsam getragen wird.
Dafür müssen auch die betreffenden Führungskräfte der Heimat-Abteilung ihr klares Commitment abgeben.
Bürokratische und organisatorische Hürden sowie konkurrierende Abteilungs- oder Gruppenziele können so im Vorfeld vermieden oder minimiert werden.
4. Orientierung an Wertschöpfung
Um Konkurrenzdenken und Wettbewerb in Schach zu halten, lohnt es sich, den Fokus immer wieder auf die erforderliche Kundenzentrierung und den eigenen Beitrag zur Wertschöpfung zu lenken.
Die Übereinstimmung von Zielen und Interessen, die gegenseitige Anerkennung unserer Fähigkeiten und geklärte Beziehungen und Rollen innerhalb des Teams sind dafür zwingend notwendig.
Ich hinterfrage daher zwischendurch im Prozess immer mal wieder, ob das Team noch auf der richtigen Spur läuft.
5. Konfliktklärung einfordern
Bei auftretenden Spannungen im Team warte bitte nicht, dass diese sich von allein lösen, sondern thematisiere sie am besten sofort. Missverständnisse lassen sich dann noch relativ leicht klären, bevor später ein größerer Elefant daraus wird.
Werden allerdings Konflikte durch die Führungskräfte selbst verursacht, bleibt dir nur, eine Konfliktklärung einzufordern, bevor die Teamperformance leidet.
Denn die Loyalität zur eigenen Führungskraft kann das Teamgefüge einer abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit dann ebenso ganz schön ins Wanken bringen.
Fazit
Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit kann zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden, wenn du die größten Hürden und Fallstricke überwindest und kontinuierlich an einer Verbesserung der Teamkultur arbeitest.
Mit den 5 Strategien kommst du in jedem Fall ein gutes Stück weiter. Starte dabei immer bei dir selbst und hole dir Unterstützung von Gleichgesinnten.
Ich hoffe, ich konnte dir mit meinem Beitrag ein paar neue Facetten aufzeigen. Vielleicht hast du noch andere Ideen?
Hinterlasse gerne einen Kommentar. Ich freue mich immer über Austausch.
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