3 verschiedene Methoden, eine Team Charta zu erstellen

Teamentwicklung | 0 Kommentare

Wenn du ein neues Team zusammenstellst oder mit einem bestehenden ein neues Projekt startest, empfehle ich die gemeinsame Erarbeitung einer Team Charta. Hier erkläre ich dir die Details und zeige dir drei verschiedene Möglichkeiten, wie du mit deinem Team ein Team Charta Meeting durchführen kannst.

Was ist eine Team Charta?

Eine Team Charta umfasst die Elemente, Kriterien und Regeln eurer Zusammenarbeit. Diese werden von allen Teammitgliedern gemeinsam erarbeitet, entschieden und schriftlich festgehalten.

Es handelt sich dabei um eine praktische Orientierungshilfe. Eine Team Charta sollte sich auf die wesentlichen Dinge beschränken und regelmäßig angepasst werden.

Warum eine Team Charta sinnvoll ist

Gerade zu Beginn einer Zusammenarbeit ist es wichtig, im Team über Sinn und Zweck, Ziele und gegenseitige Erwartungen zu sprechen. So könnt ihr von Anfang an Missverständnisse, Enttäuschungen und unnötige Konflikte vermeiden.

Ebenso stärkt eine gemeinsam erarbeitete und ausgehandelte Vereinbarung die Motivation im Team. Wenn du alle einbindest und beteiligst, stehen die Chancen gut, dass Ziele und Vereinbarungen wirklich von allen mitgetragen werden.

Die Visualisierung und die schriftliche Fixierung geben den Dingen den nötigen Fokus und sorgen für Verbindlichkeit.

Kommen später neue Teammitglieder hinzu, finden sich diese dann im Onboarding Prozess schneller zurecht, da Rahmenbedingungen und Ausrichtung des Teams in der Team Charta klar und deutlich dokumentiert sind.

Was eine Team Charta beinhalten sollte

Folgende Themenblöcke sind aus meiner Sicht wichtig und dürfen in keiner Team Charta fehlen:

1. Sinn und Zweck des Teams

Warum gibt uns überhaupt? Welchen Beitrag leisten wir zum Erreichen der Unternehmensziele? Warum ist es wichtig, was wir tun? Zu diesem Thema fallen oft auch Begriffe wie „Mission Statement“, „Vision“ und „Purpose“.

Versteift euch zu Beginn nicht auf die perfekte Ausformulierung.

Viel wichtiger ist es, dass ihr euch bewusst seid, welchen Wert ihr für euren Kunden und eure Stakeholder generiert. Was genau eure Herausforderung ist und was ihr erreichen wollt.

2. Rollen und Aufgabenverteilung

Welche verschiedenen Rollen brauchen wir im Team? Wer übernimmt welche Rolle und die damit verbundene Verantwortung? Das müssen nicht immer die üblichen Aufteilungen nach Funktionen wie Projektleiter*in, Scrum Master oder Designer*in sein.

Ich hatte zum Beispiel in einem Team schon einmal die Rolle der „Außenministerin“, die Aufträge von anderen Abteilungen zentral entgegengenommen, geklärt und zur gemeinsamen Priorisierung ins Team gegeben hat. So konnten die anderen Teammitglieder weitestgehend ungestört und konzentriert arbeiten.

Weitere Leitfragen können sein: Wie teilen sich die Teammitglieder die Aufgaben? Wer bringt welche Kompetenzen ein? Können Rollen auch mal wechseln? Wie wird das geregelt?

3. Kommunikation

Hier halten wir Dinge wie Erreichbarkeit und Kommunikationskanäle fest. Welche Tools wollen wir wann und für welchen Anlass verwenden? Wann nutzen wir E-Mails? Wann den Chat?

Ebenso lohnt es sich, erwartete Reaktionszeiten zu besprechen. Wie schnell müssen wir auf Anfragen reagieren? Vielleicht gibt es Teilzeitkräfte mit eingeschränkter Verfügbarkeit. Existiert es eine Vertretungsregelung in Abwesenheit?

Wie und wann kommunizieren wir mit anderen Teams und Stakeholdern? Auf welche Weise stellen wir Transparenz über unsere laufende Arbeit sicher? Wie teilen wir Wissen?

4. Vereinbarungen zur Zusammenarbeit

Hier haltet ihr fest, was euch im täglichen Miteinander wichtig ist. Es ist sinnvoll, sich nicht auf die üblichen Formulierungen wie „wir respektieren einander“ und „wir unterstützen uns gegenseitig“ zu beschränken, sondern konkrete Fälle anzusprechen und Prozesse zu etablieren.

Mögliche Fragestellungen: Welche Prinzipien und Werte sind uns wichtig? Zum Bespiel „Qualität vor Schnelligkeit“ oder „Remote-first“. Wie sorgen wir für Augenhöhe und Gleichberechtigung in verteilten Teams mit Remote-Anteil? Wann und unter welchen Voraussetzungen treffen wir uns live – vor Ort oder in einer Videokonferenz?

5. Prozesse und Meetings

Hier geht es darum zu vereinbaren, welche Prozesse teamintern etabliert werden sollen. Reifere Teams haben zum Beispiel oft eine eingespielte Feedback-Kultur und stellen damit sicher, dass sie sich kontinuierlich verbessern.

Mögliche Fragen: Wie und wann geben wir uns Feedback? Schriftlich oder lieber persönlich? Wie stellen wir sicher, dass Verbesserungsvorschläge und wichtige Informationen und Wissen jedermann jederzeit zugänglich sind?

Wie treffen wir Entscheidungen im Team? Wie gehen wir mit Konflikten um?

Gibt es regelmäße Rituale, Meetings, Retroperspektiven? Wie müssen wir uns organisieren, um unseren eigenen Anspruch gerecht zu werden und unsere Ziele zu erreichen? Wie erfolgt das Onboarding neuer Teammitglieder?

Team Charta Meeting vorbereiten

Am besten erstellt ihr eine Team Charta im Rahmen eines gemeinsamen Meetings. In Präsenz oder auch remote.

Und schon die Einladung zum Meeting kann einen entscheidenden Unterschied machen. Neben der transparenten Kommunikation von Anlass, Ablauf und den gemeinsam zu erarbeitenden Ergebnissen ist es wichtig, dass jeder versteht, warum sein persönlicher Beitrag wichtig ist. Es geht um die gemeinsame Gestaltung einer Team Kultur.

In einem Präsenz Meeting braucht ihr pro Themenbereich ausreichend Pinnwände oder Flipcharts. Ihr könnt auch ablösbare Sticker wie Post-ist auf Wände, Fenster und Türe kleben. Denkt daran, eure Ergebnisse für eine spätere Weiterarbeit zumindest mit einem Fotoprotokoll festzuhalten.

Online arbeite ich gerne mit einem virtuellen Whiteboard. Aber auch ein einfaches Google Docs ist völlig ausreichend. Das Dokument bleibt auch nach dem Meeting bestehen und kann iterativ in kleinen Schritten weiterentwickelt werden

Wenn ihr mit Microsoft Teams arbeitet, könnt ihr auch einfach ein Wiki dafür erstellen.

Nehmt euch ausreichend Zeit

Plane für ein Team Charta Meeting ausreichend Zeit ein. Zweieinhalb bis drei Stunden sollten es schon sein. Einigt euch im Vorfeld auf die für euch wichtigsten Fragestellungen und vermeidet Ablenkungen oder Störungen.

Setzt euch für jeden Themenblock fixe Zeitfenster, zum Beispiel jeweils 15 Minuten. Innerhalb dieses Zeitfensters sammelt ihr zügig Vorschläge und stimmt euch für ein vorläufiges Ergebnis ab. Dann geht es zum nächsten Themenblock, und so weiter.

Das Arbeiten in Timeboxen halte ich für einen absoluten Erfolgsfaktor. Timeboxen sind kleine begrenzte Zeiteinheiten, damit sich die Zeit bei der Bearbeitung der Themen nicht unnötig ausdehnt. Und der nötige Fokus auf dem aktuell zu bearbeitendem Thema bleibt.

Die letzten 5 Minuten solltet ihr kurz über die Qualität des Meetings reflektieren: Was war gut, was können wir das nächste Mal besser machen? Hat die Zeit gereicht? Haben wir das gewünschte Ergebnis erzielt?

Die Team- oder Projektleitung sollte als gleichberechtigtes Teammitglied auf Augenhöhe agieren können. Daher ist es sinnvoll, wenn ein anderes Teammitglied oder auch ein Außenstehender die Moderation übernimmt.

Ein*e Moderator*in achtet darauf, dass die geplanten Zeitfenster eingehalten werden, der Fokus auf der jeweils aktuellen Fragestellung bleibt und alle Ergebnisse ausreichend dokumentiert werden.

Weniger ist mehr

Es muss nicht perfekt sein. Arbeitet lieber iterativ in mehreren Zyklen. Ihr erstellt jetzt eine erste Basis, die ihr später jederzeit verfeinern könnt. Haltet euch nicht mit Details auf. Fragt euch lieber, was ihr braucht, um arbeitsfähig zu sein. Und was möglicherweise kritische, nicht verhandelbare Punkte sind. Dann habt ihr schon viel gewonnen.

Methoden, um eine Team Charta zu erstellen

#1 Erstelle eine Mindmap

Mindmapping ist eine von Tony Buzan geprägte kognitive Technik, die man zum Erarbeiten und zur Visualisierung eines Themengebietes, zum Planen oder auch Strukturieren nutzen kann. Midmaps sind wie Themenlandkarten und sorgen für einen großartigen Überblick – auch bei komplexen Zusammenhängen. Ergänzen und Erweitern von Informationen sind jederzeit möglich, ohne dabei die Übersichtlichkeit einzuschränken.

Es gibt für Mindmapping Software sowie zahlreiche Vorlagen in virtuellen Whiteboards. Stift, Papier, Metaplankarten oder Post-ist funktionieren aber genauso gut.

Und so kannst du die Technik für eine Team Charta einsetzen:

  • Schreib Teamnamen oder die Bezeichnung der betreffenden Gruppe zentral auf ein Blatt Papier, eine Pinwand oder ein Whiteboard.
  • Überleg dir, welche Themenblöcke ihr bearbeiten möchtet, und ordne diese um den Teamnamen herum an z. B. „Sinn und Zweck“, „Prinzipien“, „Kommunikation“, „Rollen“, „Meetings“, „Prozesse“ und so weiter. Zeichne Verbindungen vom Teamnamen zu den Unterthemen.
  • Nutze die oben in diesem Beitrag vorgeschlagenen Fragestellungen als Inspiration und erweitere jeden Themenblock um weitere Begriffe. Erweitere den Themenblock „Kommunikation“ zum Beispiel um die Unterthemen „Tools“, „Erreichbarkeit“, den Themenblock „Prozesse“ zum Beispiel um „Onboarding neue Mitarbeiter“ und „Feedback“.
  • Wiederhole die Schritte, bis du alle wichtigen Aspekte eines Themas vollständig auf deiner Mindmap erfasst hast.

#2 Nutze frei verfügbare Templates Miro, Mural & Co.

Wenn ihr bereits viel remote arbeitet und digitale Whiteboards nutzt, könnt ihr bei den meisten Lösungen wie Miro, Mural oder Conceptboard auf bestehende Team Charta Templates aufsetzen und direkt loslegen.

Vorteil ist, dass ihr eure Visualisierung immer dabeihabt und jederzeit erweitern oder überarbeiten könnt.

Nachteil bei fertigen Templates ist, dass diese nicht immer auf Deutsch verfügbar sind. Auch Systematik und Begrifflichkeiten sind nicht immer passend. Für einen Schnellstart ist das aber eine prima Sache.

Außerdem findest du im Netz zahlreiche Templates und Vorlagen unter dem Begriff Team Canvas. Diese kannst du dir einfach als Vorlage herunterladen oder als Inspiration für eine eigene Visualisierung nutzen.

Wer die Wahl hat, hat die Qual 😉 Schau einfach was euch am besten passt, am wenigsten Arbeit bereitet und dann legt los.

Screenshot eines Miro Team Charta TemplatesAbbildung Miro Board

#3 Liberating Structures Purpose-To-Practice

In Anlehnung an die Struktur „Purpose-To-Practice“ aus dem wunderbaren Liberating Structures Sortiment erarbeitet ihr euch schrittweise die 5 Themenblöcke Zweck, Prinzipien, Teilnehmer, Struktur und Praktiken. Natürlich steht es dir frei, die einzelnen Themenblöcke und Zeitangaben für deine Zwecke abzuwandeln. Hier findest du eine Anleitung.

Das besondere an der Arbeit mit Liberating Structures ist, dass du mit Hilfe von Mikrostrukturen, festen Timeboxen und speziellen Gruppenkonfigurationen alle Teammitglieder gleichzeitig einbinden kannst und langatmige Diskussionen vermeidest.

Ich bin ein großer Fan dieser Art zu Arbeiten und kann es jedem empfehlen. Es bringt neuen Schwung in eingefahrene Arbeitsweisen und kann euch bei der Verbesserung eurer Zusammenarbeit enorm unterstützen. Und das beste: es macht einfach Spaß und sorgt für mehr Verbundenheit im Team.

Ich selbst praktiziere Liberating Structures seit einigen Jahren und bin Mitglied in der LS Usergroup Düsseldorf.

Es gibt eine stetig wachsende Community mit Usergroup Treffen, auf denen ihr die Strukturen live erleben und ausprobieren könnt.

Fazit

Eine Team Charta regelt, wie ihr als Team zusammenarbeiten wollt und ist gerade zu Beginn eurer Zusammenarbeit eine hilfreiche Orientierung. Aber auch bestehende Teams profitieren, wenn sie die Elemente einer Team Charta besprechen und dabei Qualität ihrer Zusammenarbeit reflektieren.

Ihr solltet eure Team Charta in regelmäßigen Abständen hinterfragen. Passen die vereinbarten Regeln und Prozesse noch oder ist eine Anpassung notwendig? Könnt ihr Dinge noch vereinfachen und Regeln durch Prinzipien ersetzen?

Es gibt viele Möglichkeiten und Methoden, eine Team Charta zu erstellen – ich habe dir 3 vorgestellt. Such dir die aus, die am besten zu euch passt und probiert es einfach mal aus.

Über die Autorin

Eike ist selbstständige Beraterin und Gründerin von Du & dein Team.

Sie unterstützt Team- und Projektleitende dabei, die Zusammenarbeit in ihren Teams so zu gestalten, dass sie künftig mit weniger Aufwand bessere Ergebnisse erzielen können.

In ihrer Freizeit trifft man sie draußen in der Natur oder beim Sport – am liebsten in geselliger Runde mit Gleichgesinnten.

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Hallo, ich bin Eike

Ich bin selbstständige Beraterin und Gründerin von Du & dein Team.

Auf diesem Blog teile ich mein Wissen und meine Erfahrungen rund um die Themen Teamentwicklung, virtuelle Zusammenarbeit, Gruppendynamik und Mindset.